Personalentwicklung und HR in Familienunternehmen

 
Familienunternehmen haben gute Erfahrungen mit gemischten Teams
Wie Familienunternehmen auf dem Arbeitsmarkt positioniert sind
Digitales Recruiting und Employer Branding in Familienunternehmen
Familyness entscheidender Faktor bei der Mitarbeiterbindung
Personalmanagement unter Einbeziehung von New Work-Ansätzen
Psychische Gesundheit im Betrieb erhalten
Regionale Faktoren für High Potentials
Material zum Thema Personalmanagement

 

Für Familienunternehmen hat das Personalmanagement (HR) traditionell eine besonders hohe Bedeutung. Viele Familienbetriebe haben in den vergangenen Jahren stark in neue Technologien und Märkte investiert. Sie bauten in der Folge die Beschäftigung in Deutschland wesentlicher stärker aus als etwa die Dax-Konzerne, die keine Familienunternehmen sind. Untersuchungen der Stiftung Familienunternehmen zeigen, dass sie attraktive Arbeitgeber sind. Das hat auch positive Effekte auf das Employer Branding und die Mitarbeiterbindung.

 

Familienunternehmen als Arbeitgeber

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Was denken junge Fachkräfte und Führungskräfte über Familienunternehmen? Dieser Frage gingen die Wissenschaftler der TU München in einem Zeitraum von über zehn Jahren regelmäßig im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen nach.


Familienunternehmen genießen der Langzeituntersuchung zufolge ein hohes Ansehen. Im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen werden sie von potenziellen Arbeitnehmern in vielen Punkten besser bewertet, etwa in Bezug auf "Arbeitsatmosphäre", "Karrieremöglichkeiten" oder "Work-Life Balance". Überwiegend gleichauf liegen sie mit Nicht-Familienunternehmen, wenn es um Kriterien wie „Vergütung“, „Standort“ und „Internationalität“ geht. Insgesamt schneiden Familienunternehmen in neun von 14 Kriterien besser ab. In den anderen Kriterien liegen sie überwiegend gleichauf mit Nicht-Familienunternehmen.
 

Stiftung Familienunternehmen | Wahrnehmung von Familienunternehmen im Vergleich zu großen Nicht-Familienunternehmen

 

Familienunternehmen haben gute Erfahrungen mit gemischten Teams

Familienunternehmen haben gute Erfahrungen mit gemischten Teams

Familienunternehmen arbeiten gerne mit Führungsteams, in denen Männer und Frauen vertreten sind. In einer Umfrage des ifo Instituts im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen sprachen 76 Prozent der Unternehmen von guten bis sehr guten Erfahrungen mit solchen gemischten Teams; der Rest gab sich neutral oder hatte keine Erfahrung mit gemischten Teams.

Befragt wurden im Zeitraum Januar/Februar insgesamt 951 Unternehmen, davon 726 Familienunternehmen, und zwar in allen Größenklassen und verschiedensten Branchen, versammelt in der Datenbank FamData.

Die Befragung zeigt eine teils ermutigende Präsenz von Frauen in der Führung von Familienunternehmen. In Vorstand oder Geschäftsführung beträgt der Frauenanteil 22 Prozent, im Aufsichtsrat/Beirat 21 Prozent. Wesentlich höher ist der Frauenanteil unter den Gesellschafterinnen und Eigentümerinnen: 37 Prozent.

Betrachtet man nur den Kreis der 500 größten Familienunternehmen (57 Antworten), ist das Bild differenzierter: Sie haben in Vorstand/Geschäftsführung 12 Prozent Frauenanteil, in Aufsichtsrat/Beirat 23 Prozent, im Gesellschafterkreis 43 Prozent.

In der Gesamtbefragung weisen die Antworten der Familienunternehmen im Vergleich mit den Nicht-Familienunternehmen kaum Abweichungen auf. Nicht-Familienunternehmen haben etwa genauso viele weibliche Mitglieder in Vorstand/Geschäftsführung, allerdings deutlich mehr in Aufsichtsrat/Beirat, sofern es ein solches Gremium überhaupt gibt.

Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Beim Thema Frauen in Führungspositionen haben alle Organisationen, auch die Wirtschaft, Nachholbedarf. Aber die Familienunternehmen schneiden, wie die Umfrage zeigt, hier nicht strukturell schlechter ab. Und gerade im Gesellschafterkreis, wo die großen Linien entschieden werden, sind die Frauen sehr präsent.“

Flexible Arbeitszeiten und Home-Office schon Standard

Gezielte Maßnahmen zur Frauenförderung wie flexible Arbeitszeiten oder Home-Office haben mehr als zwei Drittel aller Befragten schon umgesetzt. Etwa die Hälfte setzt auf mehr Transparenz, zum Beispiel bei der Beförderungspraxis oder den Vergütungssystemen. Bei Instrumenten wie der Sensibilisierung von Führungskräften oder Talentmanagement sind die Meinungen geteilt. Jobsharing spielt keine Rolle.

Das erklärte Ziel, den Frauenanteil in der Führung zu erhöhen, hat nur ein Drittel aller befragten Unternehmen. Deutlich ist die Position gegen feste Quoten, sowohl als Selbstverpflichtung (69 Prozent) als auch von Seiten der Politik (71 Prozent), und zwar besonders bei den Familienunternehmen (72 und 74 Prozent). „Dieser Unternehmenstyp legt viel Wert auf Agilität und hält es für nachteilig, wenn feste Vorgaben die Suche nach Fachkräften für den Umbau der Wirtschaft einschränken“, so Professor Kirchdörfer.

Den Staat sehen die Befragten bei der Verbesserung der Kinderbetreuung und bei der Förderung von Frauen in MINT-Berufen in der Pflicht. Dagegen gibt es kein klares Votum für eine Abschaffung des Ehegattensplittings.

 
 

Stiftung Familienunternehmen | Instrumente zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen in Familiennternehmen

 

Wie Familienunternehmen auf dem Arbeitsmarkt positioniert sind

Die Langzeituntersuchung erlaubt auch einen Blick auf die Entwicklung der Arbeitnehmerpräferenzen im Zeitverlauf. Weiche Kriterien wie etwa eine gute Atmosphäre bei der Arbeit sowie eine gute Vereinbarkeit von Leben und Arbeit („Work-Life-Balance“) gewinnen immer mehr an Bedeutung auf dem Arbeitsmarkt. Eine „gute Arbeitsatmosphäre“ gilt mittlerweile mit deutlichem Abstand als das wichtigste Arbeitnehmerkriterium. 
 

Stiftung Familienunternehmen | Die wichtigsten Arbeitsplatzcharakteristika

Befragungen im Kreis des aktiven Personals von Familienunternehmen bestätigen diesen Trend. Insbesondere Mitarbeiter der Generation Y nehmen die Work-Life-Balance in ihrem Arbeitsumfeld als sehr positiv wahr. Vor allem Frauen schätzen die gute Work-Life-Balance in ihren Familienbetrieben. Das Ziel der Führung von Familienunternehmen bzw. des Personalmanagements sollte es sein, auf diesen Zusammenhang im Rahmen des Employer Brandings hinzuweisen.

Stiftung Familienunternehmen | Wahrnehmung der Work-Life-Balance nach Geschlecht

Digitales Recruiting und Employer Branding in Familienunternehmen

Familienunternehmen setzen zur Schärfung ihrer Arbeitgebermarke vor allem auf ihre spezifischen Unternehmenswerte. Zentrale Werte sind hierbei unter anderem Nachhaltigkeit, Qualität, Zuverlässigkeit, Flexibilität und Tradition. Große Familienunternehmen stellen zusätzlich ihr Engagement zur Förderung von Innovationen und ihre Selbstverpflichtung zur Übernahme von sozialer Verantwortung heraus. Zu diesem und weiteren Ergebnissen kommt die Studie "Digitales Recruiting und Employer Branding in Familienunternehmen". Als Service für Familienunternehmen hält sie darüber hinaus konkrete Handlungsempfehlungen zum Beispiel zur Einbindung von Sozialen Medien, zielgruppenspezifische Ansprache oder Kommunikation von Arbeitgeberleistungen bereit. Studie

 

Familyness entscheidender Faktor bei der Mitarbeiterbindung

Mitarbeiter als Träger von Wissen, Kompetenz und Erfahrung sind ein erfolgsentscheidender Faktor. Im Gegensatz zu Produkten, Maschinen oder Patenten sind Menschen nicht imitierbar. Mitarbeiter langfristig zu halten und zu motivieren ist eine zentrale Zielsetzung in der HR Strategie.

Die erwähnte Studie zum HR-Management zeigt: Eine gute Arbeitsatmosphäre spielt nicht nur im Recruiting, sondern auch in der Mitarbeiterbindung die entscheidende Rolle. Angehende Fach- und Führungskräfte erachten dieses Kriterium als zentral für den langfristigen Verbleib im Unternehmen. Es folgen "Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten" sowie die "Unternehmenskultur". Der Punkt „Vergütung, Benefits und Jobsicherheit“ folgt erst an sechster Stelle.
 

Stiftung Familienunternehmen | Gründe für den Verbleib im Unternehmen

Mitarbeiter in Familienunternehmen schätzen einer Befragung zufolge ihre persönlichen Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten besonders gut ein. Das stärkt die Mitarbeiterbindung zusätzlich.

Inhabergeführte Familienunternehmen haben durch die persönliche Beziehung zwischen Inhaber und Arbeitskräften einen besonderen Wettbewerbsvorteil. Der positive Zusammenhang zwischen der Führung des Unternehmens und der Motivation des Personals lässt sich statistisch nachweisen (Graphik unten). Zentral ist dabei der Begriff der Familyness, der die Bindung der Gesellschafterfamilie an das Unternehmen beschreibt.

Die Untersuchungen der TU München im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen zeigt: Eine starker Familieneinfluss befördert eine gute Unternehmenskultur und in der Folge auch eine hohe Motivation und Identifikation der Arbeitnehmer mit ihrem Unternehmen. Ein Familienunternehmen verfügt dabei nicht per Definition über Familyness, sondern muss diese etablieren. Dazu gehören Gesellschafter, die sichtbar sind für die Belegschaft, hohen Einsatz zeigen und offen kommunizieren. Im Idealfall engangieren sich mehrere Familienmitglieder aktiv und kontinuierlich in der Unternehmensführung oder Governance für Belange des Personalwesens (Human Resources, HR).

Mitarbeiterbindung wird ferner durch eine soziale und ökologische Unternehmenskultur erzeugt: Mit einem Mindestmaß an Corporate Social Responsibilty (CSR)-Aktivitäten schaffen Unternehmen dafür die Grundlage. Werden die Aktivitäten durch die geschäftsführenden Gesellschafter umgesetzt und gehen die Maßnahmen über die Erwartungen der Mitarbeiter hinaus, ist die motivierende Wirkung bei diesem Thema umso größer.

Eine weitere Studie der Stiftung Familienunternehmen zeigt, dass Familienbetriebe im philanthropischen Bereich schon sehr engagiert sind. Die Steigerung der Mitarbeitermotivation ist neben einer intrinsischen Motivation der Gesellschafter die wichtigste Triebfeder des gesellschaftlichen Engagements.

Familienunternehmen engagieren sich im Rahmen des Personalwesens (HR) sehr stark für die persönlichen Belange ihrer Mitarbeiter und deren Familien. 58,7 Prozent der Unternehmen können ein entsprechendes Engagement vorweisen. Beispiele für solche sozialen Ziele sind etwa Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Fonds für einzelne Mitarbeiter, die unverschuldet in Not geraten sind. Auch Formen des sogenannten „Corporate Volunteering“ können beispielsweise hierunter fallen.
 

Stiftung Familienunternehmen | Auslandsentsendung strukturiert begleiten

 

Personalmanagement unter Einbeziehung von New-Work Ansätzen

Unter der Überschrift "New Work" unterziehen sich Modelle gemeinsamer Arbeit seit den durch die Corona-Pandemie angestoßenen Umschwüngen weiterer Veränderunngen. Flexibilität hinsichtlich Ort und Zeit spielt in Berufen, die das ermöglichen, eine große Rolle. Arbeit zu flexiblen Zeiten von Zuhause aus hat in vielen Tätigkeitsbereichen aufgrund zahlreicher Vorteile neue Dimensionen eingenommen. So auch in Familienunternehmen. Gleichzeitig haben Arbeitnehmer einen starken Wunsch nach Teamgeist und Arbeitsatmosphäre in ihrem Unternehmen, welche bei dezentral organisierter Arbeit laut aktueller Umfrageergebnisse in Gefahr geraten können. Aus den Umfrageergebnisse unserer Stiftung im Rahmen der Karrieretage in 2022 stechen folgende Zahlen heraus: 

  • 81,1 Prozent der Umfrageteilnehmer wünscht sich einen abwechslungsreichen Tätigkeitsbereich und einen sinnvollen Einsatz ihrer Fähigkeiten. 
  • 51,7 Prozent der Befragten wünschen sich die Möglichkeit zum Arbeiten von Zuhause aus an ein bis zwei Tagen die Woche. 
  • 79,6 Prozent der Befragten fehlt bei dezentral organisierter Arbeit der persönliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen.
  • 96,1 Prozent der Umfrageteilnehmer ist eine gute Arbeitsatmosphäre und die Integration im Team sehr wichtig.

Weitere Informationen sind hier zu finden:
Befragung zum Thema "New Work" im Rahmen der Karrieretage in 2022

 

„Je stärker der Familieneinfluss, desto mehr können sich am Ende die Mitarbeiter auch mit dem Unternehmen identifizieren.“
Stefan Heidbreder,
Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen

 

Psychische Gesundheit im Betrieb erhalten

Eine beeinträchtige psychische Gesundheit kann zu verschiedenen negativen Konsequenzen führen. Zum einen erleiden Betriebe finanzielle Einbußen durch krankheitsbedinge Fehlzeiten. Zum anderen wirken sich die jeweiligen persönlichen Schicksale auch auf die Kollegen und die Unternehmerfamilie aus. Denn gerade Familienunternehmen stehen für ein besonders enges Verhältnis zwischen Unternehmerfamilie und Belegschaft. Oft sind Arbeitnehmer schon seit mehreren Generationen für das gleiche Unternehmen tätig.

Aus diesem Grund hat sich die Stiftung Familienunternehmen bereits in einigen Veranstaltungen und Austauschrunden der Früherkennung von psychischen Gesundheitsproblemen gewidmet. Dabei steht die Gesundheitsvorsorge im Mittelpunkt, damit es gar nicht erst zum Ausfall der Kollegen kommt. Als Folge dessen entstand das Kompendium „Psychische Gesundheit im Betrieb“ der Stiftung Familienunternehmen. Es gibt eine Einführung in die gängigsten psychischen Belastungen. Dabei zeigt es, wie Anzeichen für psychische Belastung erkannt und gedeutet werden können. Zudem wird konkrete Hilfe im Kollegenkreis erläutert. Bei der Erstellung des Kompendiums beriet mit Prof. Dr. Michael Deuschle vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim ein Experte der Früherkennung psychischer Gesundheitsprobleme.

Stiftung Familienunternehmen | So viel Prozent der Bevölkerung leiden pro Jahr an einer ...

 

Regionale Faktoren für High Potentials

Für viele Fach- und Führungskräfte ist der Arbeitsstart bei einem Familienunternehmen mit einem Wohnortwechsel in eine ländliche Region verbunden. Gerade die großen und mittelständischen Familienunternehmen sind oftmals außerhalb von Metropolen angesiedelt. Für Familienunternehmen ist es daher sehr wichtig herauszufinden, welche Faktoren einen Wohnortwechsel von Fach- und Führungskräften befördern.

Zu diesem Zweck hat die TU München im Jahr 2022 Fach- und Führungskräfte im Rahmen der Karrieretage Familienunternehmen befragt und die Ergebnisse ausgewertet. Die Umfrage hat ergeben, dass die Umzugsbereitschaft mit 78 Prozent im Vergleich zu vorherigen Jahren leicht abgenommen hat. 2019 lag sie noch bei 87,7 Prozent. Die Umzugsbereitschaft weltweit, innerhalb der EU bzw. innerhalb Deutschlands liegt 2022 bei insgesamt 54,6 Prozent. Innerhalb des Landkreises bzw. innerhalb des Bundeslandes wollen 23,4 Prozent der Befragten bleiben.