München, 25.01.2021
Kampf gegen Steuerflucht: Vertrauliches Country-by-Country Reporting wirkt. Internationale Koordinierung bei Verrechnungspreisen hätte weitere positive Effekte.
Im Kampf gegen Steuerflucht sind der bereits praktizierte Austausch von Steuerdaten zwischen den Finanzbehörden (Country-by-Country Reporting, CbCR) sowie eine internationale Koordinierung der Verrechnungspreise die wichtigsten Instrumente. Das geht aus einer Studie der Stiftung Familienunternehmen hervor, die am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt wurde.
Der vertrauliche Austausch von Steuerinformationen unter den Finanzbehörden führt dazu, dass die Effektivsteuersätze um ein bis zwei Prozentpunkte gestiegen sind. Dies zeigt, dass die geltenden Regeln wirken. Eine Veröffentlichung sensibler Unternehmensdaten im Internet hingegen leistet keinen eindeutig nachweisbaren Beitrag im Kampf gegen Steuerflucht, Geldwäsche und Terrorfinanzierung, kann aber ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile für Unternehmen mit sich bringen.
Im Rahmen der BEPS-Initiative der OECD war verabredet worden, dass die Finanzbehörden der OECD-Mitgliedsstaaten Unternehmensinformationen vertraulich austauschen. Mehr als 100 Staaten weltweit haben sich der Initiative angeschlossen. Deutschland setzte die Regeln bereits ins nationale Recht um. Der Erfolg dieser globalen Initiative wird laufend von der OECD evaluiert.
„Unternehmen reagieren auf die Einführung von CbCR-Regelungen, indem sie ihr Steuerplanungsverhalten anpassen“, heißt es in der Studie, die unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Spengel verfasst wurde. „Während diese Anpassungen infolge des vertraulichen CbCRs der OECD auch zu einer Erhöhung der Effektivsteuerbelastung der betroffenen Unternehmen führen, ist dies in Bezug auf die CbCR-Regelung für Finanzinstitute in der EU nicht eindeutig belegt.“
Der Schaden durch eine Internet-Veröffentlichungspflicht vertraulicher Geschäftsdaten kann gerade für Industrieunternehmen enorm sein, warnen die Studienautoren. Wettbewerber, Kunden und Zulieferer könnten die Daten beispielsweise zu ihren Zwecken nutzen, ohne ihrerseits zur Offenlegung verpflichtet zu sein. Vor allem Familienunternehmen, die mit kleineren Konkurrenten in technologischen Nischen konkurrieren, wären davon negativ betroffen.
„Seit drei Jahren tauschen Finanzbehörden weltweit Steuer- und Geschäftsdaten aus, die Unternehmen Land für Land aufschlüsseln. Die ersten Erfahrungen sind positiv“, sagt Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Wir sollten zunächst sorgfältig analysieren, welche Wirkung diese bereits praktizierte Offenlegung hat, statt über weitere Verschärfungen nachzudenken. Das Steuergeheimnis darf nicht auf der Basis von Vermutungen und aus politischem Opportunismus eingeschränkt werden. Ein Alleingang der Europäischen Union würde unseren Unternehmen schaden und die internationalen Bemühungen gegen Steuerflucht unterminieren.“
Er verweist damit auf den Vorschlag der Europäischen Kommission, international tätige Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz zu verpflichten, sensible Unternehmensdaten, etwa zu Gewinn und gezahlten Steuern, Land für Land im Internet zu veröffentlichen. Der Vorschlag ist unter anderem wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden umstritten.
Die Studienautoren regen an, die internationalen Bemühungen für mehr Steuergerechtigkeit darauf auszurichten, Verrechnungspreise international besser zu koordinieren. Damit werden die Preise bezeichnet, die innerhalb von internationalen Unternehmensgruppen – zum Beispiel mit Tochter oder zwischen Schwestergesellschaften – für den grenzüberschreitenden Austausch von Produkten oder Dienstleistungen angesetzt werden. Unangemessene Verrechnungspreise sind ein wesentliches Element aggressiver Steuerplanungen.
„Mehr Kooperation zwischen den zuständigen Finanzbehörden und klare Regeln sind der Schlüssel zur Steuergerechtigkeit“, sagt Prof. Kirchdörfer. „Die OECD sollte Bemühungen, die in diese Richtung zielen, vorantreiben und koordinieren. Die deutsche Finanzverwaltung sollte darüber hinaus die Erteilung verbindlicher Vorab-Auskünfte durch die Finanzbehörden in Verrechnungspreisfragen verbessern. Mehr internationale Klarheit und Hilfestellung durch die Finanzverwaltungen bei den Verrechnungspreisen wäre auch im Sinne unserer Familienunternehmen. Die aktuelle Rechtsunsicherheit ist ein ständiges Ärgernis bei Betriebsprüfungen.“
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Cornelia Knust
Leiterin Kommunikation
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