Daten, Fakten und Wahrnehmungen
München, 06.06.2016

Einkommensungleichheit in Deutschland: Schere zwischen Arm und Reich hat sich laut ifo Institut nicht geöffnet

Die Ungleichheit der Arbeitseinkommen in Deutschland ist im letzten Jahrzehnt zurückgegangen. Anders als vielfach behauptet hat sich die Schere zwischen Arm und Reich also nicht geöffnet. Der durch den Gini-Koeffizienten (Maß für Ungleichheit) ermittelte Wert für die Beschäftigten (Erwerbsbevölkerung) in Deutschland liegt jüngsten verfügbaren Zahlen zufolge etwas unter dem Niveau von 2004. Dies ist eines der Ergebnisse der Studie „Entwicklung der Einkommensungleichheit: Daten, Fakten und Wahrnehmungen“ des ifo Instituts im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen.

Noch deutlicher zeigt sich der Rückgang, wenn die gesamte erwerbsfähige Bevölkerung (d.h. inklusive Personen ohne Arbeit) betrachtet wird. Aus den Daten ergibt sich dann, dass die Ungleichheit der Bruttoreallöhne seit 2005 sogar stark gesunken ist. Grund dafür ist laut ifo Institut, dass durch die Hartz-Reformen die Beschäftigung seit 2005 um mehr als zehn Prozent gewachsen ist. In der Folge ist für vier Millionen Personen das Arbeitseinkommen von Null auf einen positiven Wert angestiegen. „Die Studie zeigt, dass die pauschale These ständig wachsender Ungleichheit in Deutschland falsch ist. Der Abbau der Arbeitslosigkeit hat entscheidend zum Rückgang der Ungleichheit bei den Arbeitseinkommen in Deutschland seit 2005 beigetragen“, erklärt Prof. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts.

Weiter belegt die ifo-Untersuchung, dass Steuer- und Sozialsystem in Deutschland erheblich zur Nivellierung von Einkommensunterschieden beitragen. „Im Vergleich zu anderen Ländern zeichnet sich das System staatlicher Umverteilung in Deutschland durch hohe Effizienz aus. Mit einer vergleichsweise geringen Staatsquote gelingt es, das Maß der Ungleichheit bei Nettoeinkommen im Vergleich zum Bruttoeinkommen stark zu reduzieren“, sagt Prof. Gabriel Felbermayr, Autor der Studie und ifo-Abteilungsleiter.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Marcel Fratzscher, habe in seinem jüngsten Buch die Behauptung aufgestellt, in kaum einem Industrieland der Welt seien vor allem Chancen, aber auch zunehmend Vermögen und Einkommen ungleicher verteilt als in Deutschland. Diese könne zumindest in Bezug auf die Nettoeinkommen als widerlegt angesehen werden, stellt das ifo Institut fest.

Die Studie zeigt, dass die Progressivität des Steuer- und Transfersystems in Deutschland die Ungleichheit der realen Bruttoeinkommen um 35 Prozent verringert. Deutschland landet auf Platz sieben von insgesamt 20 untersuchten OECD-Staaten und weist somit ein geringes Maß an Ungleichheit auf.

„Für die Familienunternehmen ist diese Entwarnung von großer Relevanz“, kommentiert Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, die Ergebnisse. Aus einer vermeintlich wachsenden Ungleichheit in Deutschland wurden zuletzt politische Forderungen abgeleitet, die Unternehmenssubstanz unabhängig vom Ertrag mit Steuern zu belasten – wie z. B. durch die Einführung einer Vermögensteuer. „Solche Steuern belasten Immobilien, Maschinen, Patente und Marken und sind besonders schädlich für Familienunternehmen, weil sie den Aufbau von Eigenkapital schwächen und sie damit krisenanfälliger machen“, führt er weiter aus. Eine höhere Besteuerung lasse sich nach dieser Studie nicht mehr mit der Entwicklung einer immer ungerechteren Einkommensverteilung begründen.

Der Gini-Koeffizient ist ein gängiges Maß zur Berechnung von Ungleichheit. Er kann Werte zwischen Null und Eins annehmen, wobei ein Wert von Null maximale Gleichheit und ein Wert von Eins maximale Ungleichheit bedeutet.

Andre Tauber
Leiter Kommunikation

Stiftung Familienunternehmen
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