Strategien gegen den Fachkräftemangel: Deutschland muss im Ausland aktiver um Fachkräfte mit Berufsausbildung werben
München, 11.06.2018

Strategien gegen den Fachkräftemangel: Deutschland muss aktiver um Fachkräfte mit Berufsausbildung werben

Der Fachkräftemangel insbesondere in Ausbildungsberufen droht die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft auszubremsen. Das zeigt die bislang umfangreichste und detaillierteste Analyse der Fachkräftesituation in vier für die Digitalisierung entscheidenden Berufsfeldern: Maschinen- und Fahrzeugtechnik; Mechatronik, Energie- und Elektrotechnik; Informationstechnologie sowie der Technischen Forschung und Entwicklung. Regional bis in die Arbeitsagenturbezirke und zudem nach Qualifikationsgrad aufgeschlüsselt analysiert die Studie der Stiftung Familienunternehmen, die vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln erstellt wurde, wo hierzulande akuter Mangel herrscht. Eine Analyse von 389 Online-Stellenanzeigen hat gezeigt, dass die untersuchten Berufsfelder für große Familienunternehmen beim Personalbedarf eine besondere Relevanz haben.

„Der Fachkräftemangel ist kein vorübergehendes Sommergewitter, sondern ein dauerhafter Klimawandel, der den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig schwächen könnte. Deswegen braucht es grundsätzliche und zugleich schnelle Lösungen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen“, sagt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. „Das von der Bundesregierung geplante Fachkräftezuwanderungsgesetz sollte den Zuzug qualifizierter Fachkräfte insbesondere in den Ausbildungsberufen erleichtern. Für die digitale Transformation braucht es eben nicht nur studierte Programmierer an der Spree, sondern auch Fachkräfte für Mechatronik am Inn, dem Neckar oder der Weser. Auch hier wird der Weg für die vernetzte Industrie bereitet.“

Der mit Abstand größte Bedarf besteht an Fachkräften mit Berufsausbildung in Maschinen-, Fahrzeug- oder Elektrotechnik. In diesen Berufen ist die Zahl der gemeldeten offenen Stellen von 2011 bis 2017 von 51.000 auf 80.000 angestiegen – ein Plus von deutlich mehr als 50 Prozent. Die tatsächliche Nachfrage dürfte sogar eher doppelt so groß sein, so das Forscherteam aus Köln, da Unternehmen nicht alle zu besetzenden Stellen bei den Arbeitsagenturen melden.

In der Elektrotechnik herrscht Alarmstufe Rot – hier ist der Fachkräftemangel bereits flächendeckend. In den IT-Berufen werden vor allem Hochschulabsolventen der Fachrichtungen Informatik sowie Softwareentwickler aller Qualifikationsniveaus gesucht. Im Bereich der Forschung und Entwicklung wiederum fehlen Fachkräfte in den Ausbildungsberufen Technischer Zeichner, Technischer Produktdesigner sowie Technischer Systemplaner, die eng miteinander verwandt sind. Die Fachkräfteengpässe in den Digitalisierungsberufen sind im Westen und Süden Deutschlands tendenziell stärker ausgeprägt, die Betroffenheit einzelner Regionen ist jedoch je nach Berufsfeld sehr unterschiedlich.

Dass sich die Engpässe von alleine lösen, ist nicht zu erwarten. „Aufgrund der demografischen Entwicklung ist vielmehr davon auszugehen, dass sich diese Situation in den nächsten zehn bis 15 Jahren weiter verschärft, insbesondere in Ostdeutschland“, heißt es in der Studie.

Die Studienautoren richten sechs Handlungsempfehlungen an die Politik:

  • Berufsorientierung optimieren: Eine bessere Berufsorientierung von Schülern führt zu weniger Ausbildungs- und Studienabbrüchen. Die aufgezeigten Berufsoptionen sollten sich zudem stärker an den Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt ausrichten.
  • Berufliche Bildung stärken: Viele junge Menschen entscheiden sich für ein Studium, weil sie die Einkommens- und Karrierepotenziale von beruflicher Aus- und Weiterbildung unterschätzen. Über die Vor- und Nachteile beider Qualifizierungswege sollte deswegen stärker aufgeklärt werden, insbesondere an Gymnasien.
  • Lebenslanges Lernen unterstützen: Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte sollten häufiger nachqualifizierende Berufsabschlüsse erwerben mit dem Ziel, sie nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
  • Mobilität am Arbeitsmarkt fördern: Arbeitsagenturen sollten noch intensiver auch überregional vermitteln. Unterstützende Maßnahmen, wie die Umzugskostenbeihilfe, sollten ausgebaut werden. Geboten wäre auch eine intensivere Mobilitätsförderung für Auszubildende. Hierzu könnten Zuschüsse für Heimfahrten ebenso zählen wie der Ausbau von Azubi-Tickets.
  • Fachkräftemarketing von Regionen ausbauen: Regionen sollten ihr Fachkräftemarketing stärken sowie mit attraktiven Bedingungen um Unternehmen werben.
  • Zuwanderung bedarfsorientiert gestalten: Zuwanderung sollte nicht an akademische Abschlüsse oder hohe Mindestgehälter gekoppelt werden, da der Fachkräftemangel vor allem im mittelqualifizierten Bereich hoch ist und dort besonders schnell wächst. Die existierende Positivliste sollte dringend um weitere nachgefragte Ausbildungsberufe erweitert werden. Im Rahmen des von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Fachkräftezuwanderungsgesetzes sollten viele dieser Punkte entschlossen angegangen werden.

Mehr als 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen. Die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen setzt sich für den Erhalt dieser Familienunternehmenslandschaft ein. Sie ist der bedeutendste Förderer wissenschaftlicher Forschung auf diesem Feld und Ansprechpartner für Politik und Medien in wirtschaftspolitischen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. Die 2001 gegründete Stiftung wird mittlerweile getragen von über 500 Firmen aus dem Kreis der größten deutschen Familienunternehmen.

Interaktive Deutschlandkarten zeigen, wo welche Fachkräfte wo besonders nachgefragt werden, und wo es einen Stellenüberhang gibt.

Fachräfte und Digitalisierung: Die Deutschlandkarten

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Weitere Informationen:

Cornelia Knust
Leiterin Kommunikation

Stiftung Familienunternehmen
Prinzregentenstraße 50
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