
Deutsche Unternehmen fürchten angesichts international sinkender Unternehmenssteuersätze erhebliche Wettbewerbsnachteile. Damit steigt der Druck auf die Bundesregierung, eine Unternehmenssteuerreform auf den Weg zu bringen. Das geht aus dem „Jahresmonitor der Stiftung Familienunternehmen“ hervor. Mit 1.250 befragten Unternehmen ist es die größte Befragung zum internationalen Steuerwettbewerb. Durchgeführt wurde die Studie im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen durch das ifo Institut.
Neben den USA, Frankreich und Großbritannien haben zahlreiche Staaten zuletzt spürbare Senkungen der Unternehmenssteuern beschlossen oder bereits umgesetzt. Das setzt deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteilen gegenüber den dort ansässigen Unternehmen aus. Die deutschen Unternehmen können allenfalls über Niederlassungen vor Ort von den Steuersenkungen profitieren.
Gut 59 Prozent aller befragter Unternehmen schätzen den internationalen Steuerwettbewerb als stark oder sehr stark ein. Wettbewerbsnachteile befürchten insbesondere die größeren Unternehmen: 28,5 Prozent der Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten geben im Jahresmonitor an, der internationale Steuerwettbewerb habe unterm Strich negative Folgen. Nur 15,1 Prozent der befragten Unternehmen geben an zu profitieren. Unter Familienunternehmen ist die negative Einstellung deutlich stärker ausgeprägt (31,9 Prozent) als unter Nicht-Familienunternehmen (16,9 Prozent).
„Die Bundesregierung sollte die Ergebnisse als Weckruf ansehen, nach Jahren des Stillstands die steuerliche Attraktivität von Deutschland als Unternehmensstandort zu steigern“, sagt Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Deutschland befindet sich auf der Rangliste der 36 OECD-Staaten mit den höchsten Unternehmenssteuersätzen auf Platz fünf und rückt weiter nach oben. Nötig wäre eine Senkung der Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland um mindestens fünf Prozentpunkte, um faire Bedingungen herzustellen. Gerade Familienunternehmen drohen ansonsten die Verlierer des internationalen Steuerwettbewerbs zu werden.“
Auch die Autoren des ifo Instituts empfehlen eine Unternehmenssteuerreform in Deutschland. „Die Ergebnisse der Befragung verdeutlichen den Handlungsbedarf zur Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, um weitere Verlagerung in Niedrigsteuerländer und das Ausland zu verhindern und damit Arbeitsplätze und Steueraufkommen in Deutschland zu sichern“, heißt es in der Studie.
Dass Staaten ihre Standortbedingungen mit niedrigeren Unternehmenssteuern entscheidend verbessern, zeigt das Beispiel der USA. Knapp 27 Prozent der in den USA vertretenen deutschen Unternehmen erklärten, als Reaktion auf die Senkung der Unternehmenssteuern ihre Kapazitäten vor Ort auszubauen. Weitere 14,2 Prozent der befragten Unternehmen planen gar die Neuerrichtung von Kapazitäten.
Die Unternehmen sehen Handlungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber. Der größte Teil der Unternehmen (70 Prozent) sieht im Abbau der Steuerbürokratie eine Priorität. Der Zeitaufwand, den Unternehmen für Steuern benötigen, war in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 56 Prozent der Unternehmen befürworten mehr internationale Koordination im Steuersektor. Angesichts des angegebenen Wunsches nach weniger Bürokratie kann man daraus schließen, dass diese Koordination nicht zu noch mehr Komplexität des Systems führen darf. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (knapp 45 Prozent) fordert eine Senkung der Unternehmenssteuersätze.
Mehr als 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen. Die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen setzt sich für den Erhalt dieser Familienunternehmenslandschaft ein. Sie ist der bedeutendste Förderer wissenschaftlicher Forschung auf diesem Feld und Ansprechpartner für Politik und Medien in wirtschaftspolitischen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. Die 2001 gegründete Stiftung wird mittlerweile getragen von mehr als 500 Firmen aus dem Kreis der größten deutschen Familienunternehmen.