Deutschland bei Verrechnungspreisverfahren nicht professionell

Verbindliche Vorabauskünfte müssen stärker genutzt werden

München, den 31. Oktober 2022. Schlechte Noten für die deutschen Finanzbehörden: Vorabverständigungen über Verrechnungspreise fehlen, Verfahrensdauern sind zu lang und Transparenz ist nicht gegeben. Im internationalen Vergleich befindet sich die Bundesrepublik mit ihrer Praxis rund um Verrechnungspreisverfahren noch immer im Rückstand. Das zeigt eine aktuelle empirische Studie der Stiftung Familienunternehmen.

Rechtssicherheit erst nach Jahren

Rechtlich selbstständige Unternehmen einer Unternehmensgruppe vereinbaren untereinander sowie mit ausländischen Betriebsstätten in der Regel einen Preis für Lieferungen und Leistungen jeder Art. Dieser Preis ist der Verrechnungspreis. Seine Festsetzung wird von den Finanzbehörden kritisch geprüft und kann auch im Nachhinein noch angezweifelt werden – mit unangenehmen Folgen für die Unternehmen. Rechtssicherheit tritt so erst nach Jahren ein. Zugleich entstehen, selbst wenn sich die beteiligten Staaten einigen, auch für den Steuerpflichtigen hohe Kosten.

„Die jetzige Studie zeigt: die Möglichkeiten, Planungs- und Investitionssicherheit für die Familienunternehmen herzustellen, werden noch nicht ausgeschöpft“, sagt Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Deutschland hinkt bei den Verrechnungspreisverfahren hinterher. Wir geben erneut konkrete Empfehlungen – sowohl für Finanzbehörden als auch Unternehmen. Der Prozess kann so für alle Beteiligten verbessert werden.“

Ombudsperson wünschenswert

Verbindliche Vorabauskünfte sind nach dem Verfahrensrecht bereits möglich – und werden in anderen Staaten umfänglich praktiziert. Bei den Verrechnungspreisverfahren in Deutschland findet dies noch zu wenig statt. Bi- und multilaterale Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements, auch APA genannt) sind die Lösung, um Unsicherheiten zu verringern und eine Vertrauensbasis zwischen Finanzamt und Unternehmen herzustellen, so die Studienautoren. Eine Verbesserung des bisweilen angespannten Klimas zwischen dem geprüften Unternehmen und der prüfenden Steuerbehörde könnte erreicht werden, indem eine steuerliche Ombudsperson eingesetzt wird.

Auf der Grundlage von Interviews von Experten aus der Finanzverwaltung, aus Unternehmen und der Beratung geben die Forscher der Georg-August-Universität Göttingen, unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Oestreicher, und der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg, unter der Leitung von Prof. Dr. Ekkehart Reimer, weitere Empfehlungen ab.

Nicht genügend Ressourcen in der Finanzverwaltung

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen zudem: Es gibt nicht genug Ressourcen an der richtigen Stelle. Konkret wird daher eine bessere Fokussierung von Ressourcen des Bundeszentralamts für Steuern genannt. Dies sei erforderlich, um Prüfungszeit-räume näher an die Gegenwart heranzuführen und deutlich zu kürzen. Die Zahl offener Verständigungsverfahren muss drastisch reduziert, Doppelbesteuerungen mithilfe von Joint Audits entgegengewirkt werden.

Insgesamt macht die empirische Studie deutlich, dass es dringend notwendig wäre, das Verrechnungspreisverfahren zu optimieren. Nicht nur alle beteiligten Parteien, sondern auch der Wirtschaftsstandort Deutschland würden davon profitieren.

Datum
31.10.2022, München

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