Familienunternehmen und Klimaschutz

Familienunternehmen und Klimaschutz

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Am Ziel besteht kein Zweifel: Klimaschutz. Doch der Weg dahin ist umstritten. Was für Familienunternehmen am besten funktioniert und was sie bereits zum Klimaschutz beitragen hat die Stiftung Familienunternehmen in vier Studien untersucht. Die Ergebnisse fasst das Video kurz zusammen.

 

Technologieatlas Nachhaltigkeit
Chancen und Risiken in der Politik des Green Deal
Die CSRD der EU
Kreislaufwirtschaft
Familienunternehmen und Klimaschutz
Material zum Thema Familienunternehmen und Nachhaltigkeit

 

Nachhaltigkeit und Unternehmertum gehören zusammen. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde vor rund 300 Jahren in der Forstwirtschaft geprägt. Es sollten nur so viele Bäume gefällt werden, wie auch nachwachsen können. Ein sparsamer Umgang mit den natürlichen Ressourcen liegt also nicht nur in der Verantwortung von Familienunternehmen, sondern auch in deren Interesse.

Die Stiftung Familienunternehmen befasst sich in mehreren Projekten mit der Frage, welchen Beitrag Familienunternehmen heute zum Umwelt- und Klimaschutz leisten und wie ihr Engagement - etwa in den Bereichen Produktion, Recycling bzw. Kreislaufwirtschaft - noch gesteigert werden kann. Hochrangige Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik begleiten als Projektbeiräte diese Studien.

Daneben beleuchtet die fünfteilige Instagram-Serie "Green Champions" in Kooperation mit dem Handelsblatt exemplarisch Umwelttechnologien von Familienunternehmen und deren Nutzen für den Klimaschutz. Die Serie findet sich mit zusätzlichen Fotoposts und Video-Ausschnitten (Reels) auch auf dem Instagram-Kanal @stiftung_familienunternehmen.

Technologieatlas Nachhaltigkeit

In der Entwicklung und Anwendung der wichtigsten Umwelttechnologien haben Familienunternehmen eine zentrale Bedeutung. Das zeigt eine Studie der Stiftung Familienunternehmen, die vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik erstellt wurde. In den 15 wichtigsten Umweltbranchen sind mehr als 37.000 Familienunternehmen aktiv – viele sind als „Greentech Champions“ Technologieführer in ihren jeweiligen Bereichen.

Der Anteil der Familienunternehmen liegt in den untersuchten Branchen bei durchschnittlich 91 Prozent. In den Bereichen Windkraft (96 Prozent), Wärmedämmung und Biokunststoffe (jeweils 94 Prozent) sind die meisten Unternehmen in Familienbesitz. Auch in den Bereichen Photovoltaik, Leichtbau und Luftreinhaltung (jeweils 92 Prozent) ist ihre Bedeutung überdurchschnittlich hoch.

Anteil der Familienunternehmen an ausgewählten Umwelttechnologien

„Die von Familienunternehmen geprägte Umwelttechnikbranche in Deutschland ist hervorragend aufgestellt, um die ehrgeizigen nationalen und internationalen Klimaziele zu erreichen“, fassen die Forscher zusammen. „Familienunternehmen erachten den Kampf gegen den Klimawandel sowie Ressourcenverschwendung als zentrale Aufgabe und leisten wesentliche Beiträge, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.“

Die Untersuchung zeigt in 15 Detailanalysen die Dynamik der wichtigsten Umwelttechnologien für den Klimaschutz auf. Gemessen an der Anzahl der aktiven Unternehmen dominieren die Bereiche Photovoltaik und Windkraft längst die Umwelttechnik. Doch die Bereiche E-Fuels, Wasserstoff und Batterien weisen aktuell ein starkes Wachstumspotenzial auf. Es ist möglich, dass sie in den kommenden Jahren die Spitzenpositionen übernehmen werden.

Entscheidend für einen stärkeren Klimaschutz ist, dass die Politik technologieoffen agiert. Alle relevanten Umwelttechnologien sollten gleichermaßen berücksichtigt und keine diskriminiert werden. Der politische Rahmen in Deutschland, aber auch in der EU, sollte zudem planbar, verlässlich und möglichst global sein. Es braucht auch eine angemessene digitale Infrastruktur sowie eine höhere Verfügbarkeit von Experten zum Beispiel in der Bioinformatik. Das geht aus einer Detailanalyse der Sektoren sowie einer ergänzenden Befragung der Unternehmen hervor.

 

Chancen und Risiken in der Politik des Green Deal

Der Klimaschutz ist die zentrale Aufgabe unserer Zeit. Doch das heißt nicht, dass es zwangsläufig sinnvoll ist, alle Bereiche der Wirtschaftspolitik auf Umweltziele auszurichten. Das stellt der Wissenschaftliche Beirat der Stiftung Familienunternehmen fest. „Wenn alle Bereiche dem Klimaschutz untergeordnet werden, dann fördert das staatliche Planwirtschaft, Kleinteiligkeit und Fehlsteuerung.“

Die Wissenschaftler analysieren in Ihrem Jahresheft „Chancen und Risiken des Green Deal“ das von der Bundesregierung Deutschland sowie der Europäischen Kommission verfolgte Ziel, mit Projekten für mehr Klimaschutz den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Corona-Pandemie zu befeuern (European Green Deal).

Aus Sicht des Beirats sind in der Klimapolitik marktwirtschaftliche Instrumente staatlichen Lenkungseingriffen vorzuziehen. Der Beirat spricht sich deswegen für eine verlässliche Bepreisung von CO2-Emissionen als wirksamstes Instrument für mehr Klimaschutz aus. Ein solcher Mechanismus sollte an die Stelle der vielen regulativen Maßnahmen in Deutschland oder Europa treten.

„Die CO2-Bepreisung verfügt marktwirtschaftlich über einen Vorsprung vor anderen Lenkungsinstrumenten“, formuliert das Gremium eine Empfehlung Richtung Bundesregierung und EU-Kommission. „Eine umfassende und langfristig festgesetzte Bepreisung von Treibhausgasemissionen sollte das klimapolitische Leitinstrument sein.“

Vor den negativen Wirkungen von „Green Finance“ warnt Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, in seinem Beitrag für das Jahresheft. Es verzerre den Markt, wenn die Finanzmarktregulierung oder die Geldpolitik künftig Kapitalströme in „grüne“ Projekte lenke. Es werde zudem ein europäischer Wettstreit der Lobbyisten darum befördert, welche Branchen fortan als „grün“ klassifiziert werden.

Kleinteilige Eingriffe in die Industrie- und Finanzpolitik hemmten die Effektivität der Maßnahmen zum Klimaschutz und schadeten gleichzeitig der Wirtschaft, analysiert Prof. Gabriel Felbermayr, PhD, Chef des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. Felbermayr kritisiert beispielsweise Kaufprämien für Elektroautos und Mehrwertsteuersenkungen auf Bahnfahrten. Es müsse dem Markt überlassen werden, die jeweils besten Technologien zur Steigerung der Nachhaltigkeit und Minderung der CO2-Emissionen voranzutreiben.

Der frühere Verfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio ruft dazu auf, bei der Bewältigung des Klimawandels den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft zu folgen. „Dem Klima und der ökologischen Nachhaltigkeit ist nicht gedient, wenn die Substanz von Wirtschaftsgrundrechten und damit auch die Leistungsfähigkeit einer offenen sozialen Marktwirtschaft ausgehöhlt werden“, schreibt er. Er sieht Gefahren darin, wenn Unternehmen „in einem bisher unbekannten Maß von öffentlichen Fördergeldern abhängig gemacht“ würden.

Prof. Dr. Kay Windthorst, Direktor der Forschungsstelle für Familienunternehmen der Universität Bayreuth, sieht in der Nachhaltigkeitsdebatte eine besondere Chance für Familienunternehmen, da Aspekte der Nachhaltigkeit für sie seit jeher eine wichtige Rolle spielen. Er regt an, die nächste Generation in der Unternehmerfamilie (NextGen) intensiv in die Strategie der Nachhaltigkeit des Familienunternehmens einzubeziehen, um den Zusammenhalt in der Familie und dem Unternehmen zu stärken.

 

Die CSRD der EU

Die EU verstößt gegen das Demokratieprinzip. Denn sie hat bei der Festlegung von Nachhaltigkeitsstandards ein Verfahren gewählt, dass nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten der Stiftung Familienunternehmen, verfasst von Professor Martin Nettesheim, Professor für Europarecht an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Es geht um die geplante Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), also die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Konkret soll zukünftig für europäische Unternehmen einer gewissen Größe eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung eingeführt werden. Dafür müssen im Vorfeld jedoch noch Standards festgelegt werden. Eigentlich ist dies Aufgabe des Europäischen Parlaments und des Rates. In diesem Fall ist die Aufgabe jedoch an die EU-Kommission delegiert worden, die die Detailarbeit wiederum an die private Beratungsgesellschaft „European Financial Reporting Advisory Group“ (Efrag) übergeben hat. Dieses Verfahren stellt eine Privatisierung von EU-Hoheitsgewalt dar. So etwas ist von den EU-Verträgen nicht gedeckt und verstößt damit womöglich gegen die deutsche Verfassung. „Die Entscheidungen des EU-Gesetzgebers berühren das Recht auf Demokratie und die Verfassungsidentität“, so Nettesheim. „Sie können deshalb im Wege der Verfassungsbeschwerde von allen Deutschen angegriffen werden.“

Europäische Unternehmen ab einer gewissen Größe sollen künftig nicht nur über ihren Geschäftserfolg berichten, sondern auch über die Erfüllung bestimmter ökologischer und sozialer Kriterien. Das galt schon seit einigen Jahren für kapitalmarktorientierte Gesellschaften und soll nun ausgeweitet werden. Die künftigen Standards soll die Efrag vorbereiten. Die EU-Kommission will auf dieser Grundlage „delegierte Rechtsakte“ erlassen, die damit zu bindenden Vorgaben für die betroffenen Unternehmen werden.

Laut Professor Rainer Kirchdörfer, dem Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, sei es im Sinne der Familienunternehmen, dass die Politik eine zukunftsorientierte Unternehmensführung fördert. „Dies muss aber mit demokratischer Legitimation und rechtssicher gelingen. Es dürfen nicht ständig neue Papiertiger geschaffen werden. Bleibt es bei den Plänen der EU, verkommt die Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Beschäftigungsprogramm für Berater. Ziel muss es doch sein, mit technologischen Innovationen und leistungsfähigen Ingenieuren den Klimaschutz voranzubringen.“

 

Kreislaufwirtschaft

Rund 50 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf die Rohstoffförderung und -verarbeitung zurück. Dem effizienten Einsatz der Ressourcen kommt damit beim Klimaschutz hohe Bedeutung zu. Familienunternehmen sind die treibende Kraft bei der Transformation zur Circular Economy. In vielen Bereichen fehlt es jedoch an politischen Rahmenbedingungen, um die Potenziale einer zirkulären Wirtschaft voll auszuschöpfen. Das geht aus einer Studie im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hervor, die erstmals Anwendungen zirkulärer Produkte und Geschäftsmodelle in Familienunternehmen analysiert. Die Studie ist von Fraunhofer-Instituten zusammen mit der Stiftung 2° erstellt worden.

Die Wissenschaftler trugen den Stand der Forschung zum Thema zusammen und werteten Erfahrungen aus der unternehmerischen Praxis aus. Sie führten Interviews mit knapp zwei Dutzend Unternehmen aus der Automobil- und Baubranche, die zusammen für 80 Milliarden Euro Jahresumsatz stehen und über 372.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ergänzt wurde dies durch Fachgespräche mit Familienunternehmen sowie Vertretern aus der Politik. Damit beleuchtet die Studie auch konkrete unternehmerische Beiträge zur Circular Economy. Von ihrer hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung und Innovationsfähigkeit leiten die Forscher ab, dass die Circular Economy „nur mit Familienunternehmen gelingen kann“.

Ein Unternehmen spart bei der Produktion von Kfz-Teilen 85 Prozent des Rohmaterials und 55 Prozent des Energiebedarfs im Vergleich zu Neuteilen ein. Ein anderer Hersteller erhöht die Kapazität seiner Aluminiumproduktion durch Recycling und die Erweiterung der Produktionsanlagen um 20.000 Tonnen pro Jahr. Ein anderes Fallbeispiel zeigt auf, wie bei der Feuerverzinkung 80 Prozent an Zink gegenüber herkömmlichen Prozessen vermieden werden.

Die Stiftung Familienunternehmen und die Stiftung 2° empfehlen der Politik konkrete Schritte zum Ausbau der zirkulären Wirtschaft. Wichtig ist ein konsistenter Rahmen, der Unternehmen gleichermaßen Orientierung und weitgehende Freiheiten bietet. Verlässliche Standards und Planungssicherheit für Unternehmen seien die Grundlage für einen signifikanten Anteil der Circular Economy an der Wirtschaftsleistung. Dazu könnten Herkunftsnachweise für Rezyklate maßgeblich beitragen. Notwendig seien auch handhabbare Mindeststandards für Produktgruppen auf EU-Ebene. In der Praxis sind Rezyklate häufig teurer als Primärrohstoffe. Hier sollte die Politik mit finanziellen Anreizen die Nachfrage nach Produkten mit hohem Rezyklatanteil fördern. Auch bei der öffentlichen Beschaffung könnten Produkte bevorzugt werden, die ressourcenschonend hergestellt sind. Darüber hinaus wäre eine stärkere Ausrichtung der Innovationsförderung auf zirkuläre Produkte und Geschäftsmodelle laut der Studienautoren wünschenswert.

 

Familienunternehmen und Klimaschutz

Familienunternehmen zeigen bei der Planung von Klimaschutzmaßnahmen eine hohe innere Motivation. Oft ausgehend von den Gesellschaftern oder den Wünschen ihrer Kunden haben sie viele Maßnahmen schon umgesetzt, vor allem in der Energieerzeugung und in der Abfallwirtschaft. Sie sehen aber auch Risiken für ihre Wettbewerbsfähigkeit: mit Blick auf politische Vorgaben der künftigen Bundesregierung und mit Aussicht auf den Green Deal der Europäischen Union. Das zeigt der neue „Jahresmonitor“ der Stiftung Familienunternehmen, erstellt vom ifo Institut in München.

Obwohl Klimaschutzmaßnahmen Kosten verursachen, sind die Befragten überwiegend vorbereitet und offen: 60 Prozent bewerten die bevorstehenden Anstrengungen als Chance oder neutral; nur 30 Prozent sehen sie als Risiko. Erstaunlich weit gediehen sind die eigenen Maßnahmen zur Ressourceneffizienz, von der Beschaffung klimafreundlicher Produkte bis zum höheren Recyclinganteil: Hier liegen die Antworten für „umgesetzt“ und „geplant“ zusammengenommen bei 60 bis 80 Prozent der Befragten. Auch in ihren Zielen zur CO2-Neutralität scheinen die Familienunternehmen etwas ambitionierter zu sein.

Staatliche Förderung für Forschung und Investitionen ist aus Sicht der Unternehmen hilfreich. Vorgaben zum Einsatz bestimmter Technologien, zu Energieeffizienz oder CO2-Reduktion stimmen sie eher nicht zu. Gerade Familienunternehmer sind zudem skeptisch, wenn Anreize über den Kapitalmarkt laufen (etwa günstigere Finanzierungskonditionen für grüne Investitionen). Strengere Transparenzpflichten für Umweltinformationen lehnen sie häufig ab. Das ifo Institut zieht den Schluss, die Politik müsse auch öffentlichkeitsscheuen Eigenkapital-Finanzierern klare Signale geben und Anreize setzen, damit sie den Weg zur Klimaneutralität beschreiten.