Die Stiftung Familienunternehmen hat im Jahr 2006 begonnen, grundlegende Zahlen zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Familienunternehmen ermitteln zu lassen. Seither werden diese regelmäßig aktualisiert. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen basieren die Strukturzahlen nicht auf Hochrechnungen von Stichproben, sondern auf dem gesamten deutschen Unternehmensbestand. In die Analyse sind die Angaben von rund 3,2 Millionen Unternehmen eingegangen.
Die Studie unterscheidet zwischen eigentümergeführten und familienkontrollierten Unternehmen.
Je nach Definition variiert die quantitative Bedeutung der Familienunternehmen in der Volkswirtschaft:
Bei 94 Prozent aller Familienunternehmen liegt der Umsatz unter einer Million Euro. Die deutsche Volkswirtschaft zeichnet sich aber im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen durch auffallend viele sehr große Familienunternehmen aus. 46 Prozent der Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz sind Familienunternehmen.
Familienunternehmen sind besonders häufig im Bausektor und im Handel vertreten. In Thüringen und Rheinland-Pfalz ist der Anteil der Familienunternehmen besonders hoch. Am niedrigsten ist er in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg oder Bremen.
Die Studie zu den TOP 500 Familienunternehmen in Deutschland aus dem Jahr 2023 vergleicht außerdem die 500 größten Familienunternehmen mit den nicht-familienkontrollierten Dax-Unternehmen1. Familienunternehmen haben kontinuierlich Arbeitsplätze in Deutschland aufgebaut: Die 500 größten Familienunternehmen haben im Zeitraum von 2011 bis 2020 ihre Beschäftigtenzahl in Deutschland um 25 Prozent auf 2,84 Millionen Beschäftigte angehoben. Die 26 nicht-familienkontrollierten Dax-Unternehmen erreichten im gleichen Zeitraum lediglich eine inländische Steigerung der Beschäftigung von vier Prozent. Weltweit schufen die 500 größten Familienunternehmen von 2011 bis 2020 mehr als 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze. Das entspricht einer Steigerung von gut 33 Prozent. Die Dax-26-Unternehmen steigerten ihre weltweite Beschäftigung nur um 14 Prozent auf eine Million. Das Beschäftigungswachstum wies somit bei den Familienunternehmen eine deutlich größere Dynamik auf.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der großen Familienunternehmen lässt sich auch an ihrem Beitrag zum Ertragsteueraufkommen ablesen. Das ifo Institut hat im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen die steuerliche Belastung der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland und der nicht-familienkontrollierten Dax-Konzerne verglichen.2 In absoluten Zahlen wird das Ertragsteueraufkommen der 500 größten Familienunternehmen von den Wissenschaftlern für die Jahre 2010 bis 2018 im Inland auf durchschnittlich zwölf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die inländischen Unternehmenssteuerzahlungen der Dax 27 liegen im Durchschnitt um 100 Millionen Euro niedriger als die inländischen Unternehmenssteuerzahlungen der TOP 500.
Die großen Familienunternehmen werden außerdem durch höhere Steuerquoten belastet. Die durchschnittliche Steuerbelastung der 500 größten deutschen Familienunternehmen liegt schon auf Unternehmensebene bei etwa 28 Prozent. Unter Berücksichtigung der Steuern auf Gesellschafterebene (Einkommensteuer der Gesellschafter von Personengesellschaften bzw. Abgeltungsteuer auf Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften) errechnet sich eine durchschnittliche Belastung von fast 38 Prozent. Erträge der Dax-Konzerne, die keine Familienunternehmen sind, sind unter Berücksichtigung der Besteuerung der Gesellschafter dagegen nur mit gut 26 Prozent belastet.
Wie die Abbildung weiter unten zeigt, hat die Bedeutung der Unternehmenssteuern am gesamten Steueraufkommen für die deutsche Wirtschaft deutlich zugenommen. Belief sich ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen im Jahr 1998 noch auf 16 Prozent, ist dieser 2017 auf 23 Prozent angestiegen. In absoluten Zahlen erhöhte sich der Steuerbeitrag aus Unternehmenssteuern von knapp 68 Milliarden Euro auf fast 170 Milliarden Euro. Der Anteil der Lohnsteuer ist dagegen von 31 Prozent auf 27 Prozent gesunken, die Anteile der Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern und der sonstigen Steuern blieben relativ konstant bei 24 Prozent, 17 Prozent und elf Prozent.
In der deutschen Volkswirtschaft stellen Familienunternehmen ein bedeutendes Phänomen am Kapitalmarkt dar, wie eine Studie der Stiftung Familienunternehmen aus dem Jahr 2019 darlegt:3
Etwa 40 Prozent der börsennotierten Unternehmen sind demnach Familienunternehmen. Sie sind für etwa 30 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung im CDAX verantwortlich.
Die Studie basiert auf der Gesamtheit aller zwischen 2009 und 2018 im CDAX notierten Unternehmen. Finanz- und Immobilienunternehmen wurden aus Vergleichbarkeitsgründen nicht berücksichtigt, womit der Datensatz 475 Unternehmen umfasst.
Interessante Unterschiede zwischen Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen zeigen sich hinsichtlich des Beschäftigungswachstums im Betrachtungszeitraum 2009 bis 2018. Hierbei weisen Familienunternehmen im Mittelwert ein deutlich schnelleres Wachstum auf als Nicht-Familienunternehmen. Im Median verzeichnen Familien[1]unternehmen ein stärkeres Wachstum von 54 Prozent im Vergleich zu den 21 Prozent für Nicht-Familienunternehmen.
Auch gemessen an den Kennzahlen Return on Assets (Gesamtkapitalrendite) sowie Return on Equity (Eigenkapitalrendite) schneiden Familienunternehmen besser ab.
Dabei zeigt sich, dass die positiven Effekte mit wachsendem Familieneinfluss zunehmen. Die Ergebnisse, bezogen auf den Return on Equity und den Return on Assets, sind deutlich höher, wenn eine engere Definition Anwendung findet, die von einem besonders starken Familieneinfluss ausgeht (modifizierte „Substantial Family Influence“-Definition oder SFImod).
Nach der engen Definition (SFImod) erzielten börsennotierte über den Untersuchungszeitraum einen durchschnittlichen Total Return (Aktien- zzgl. Dividendenrendite) von jährlich 23,2 Prozent. Nicht-Familienunternehmen kamen hingegen nur auf eine Rendite von 15,2 Prozent. Nach der weiter gefassten Definition von Familienunternehmen ist die Rendite ebenfalls höher, wenn auch nur leicht. Ohne Marktgewichtung ist kein Unterschied erkennbar.
1 Zu den Dax-Unternehmen in Familienhand gehören: Beiersdorf AG, Henkel AG & Co. KGaA, Merck KGaA und Volkswagen AG. Die übrigen 26 nicht familienkontrollierten Dax-Konzerne werden im Text Dax-26-Unternehmen genannt. 2021 wurde der Dax von 30 auf 40 Unternehmen erweitert. Eine erste Berücksichtigung der Erweiterung hat vorerst keine neuen Erkenntnisse erbracht. Auch in dieser Referenzgruppe zeigen Familienunternehmen sowohl in der Beschäftigungs- als auch in der Umsatzentwicklung gemäßigtere Bewegungen als die Nicht-Familienunternehmen.
2 Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.): Der Beitrag der Familienunternehmen zum Steueraufkommen in Deutschland – Entwicklung der Steuern von Einkommen und Ertrag, 2. Auflage, erstellt vom ifo Institut, München 2020, Download: https://www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationen-studien/studien/Der-Beitrag-der-Familienunternehmen-zum-Steueraufkommen-in-Deutschland_Studie_Stiftung-Familienunternehmen.pdf
3 Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.): Börsennotierte Familienunternehmen in Deutschland – Bedeutung, Merkmale, Performance, erstellt vom Center for Entrepreneurial and Financial Studies (CEFS) der Technischen Universität München (TUM), München 2019, Download: https://www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationen-studien/studien/Boersennotierte-Familienunternehmen-in-Deutschland_Studie_Stiftung-Familienunternehmen_2019.pdf
München, April 2023