Erbschaftsteuer Familienunternehmen

 

Aktueller Rechtsstand
Berechnungsbeispiel für große Familienunternehmen
Erbschaftsteuer im internationalen Vergleich

 

Etwa alle drei Jahrzehnte steht in einem Familienunternehmen ein Generationswechsel an. Die Nachfolger übernehmen Verantwortung als Geschäftsführer, Beiräte und Gesellschafter. Die Erbschaftsteuer ist deswegen von hoher Bedeutung für die Zukunft von Familienunternehmen. Mit wissenschaftlichen Studien trägt die Stiftung Familienunternehmen zur Aufklärung bei.

 

Aktueller Rechtsstand

Das aktuell geltende Erbschaftsteuerrecht wurde am 4. November 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft. 

In seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, das Erbschaft- und Schenkungsteuerrrecht zu reformieren. Die Forderung nach einer Reform des Rechts begründete das Gericht damit, dass die seit 2009 geltenden Verschonungsregeln für Betriebsvermögen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würden und somit verfassungswidrig seien.

Familienunternehmen teilweise oder sogar vollständig von der Erbschaftsteuer zu befreien, um ihre Existenz und Arbeitsplätze nicht zu gefährden, hielt das Gericht allerdings für grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar.

Das neue Recht hält an der Systematik der Verschonung weitgehend fest. Allerdings ist es nun stärker reglementiert und mit härteren Auflagen versehen. Neu sind das sogenannte Abschmelzmodell für den verminderten Verschonungsabschlag sowie die Verschonungsbedarfsprüfung, bei der auch das zur Verfügung stehende Privatvermögen des Erwerbers eine Rolle spielt (siehe Glossar).

Die Stiftung Familienunternehmen hat das durch den Ländererlass spezifizierte neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht in Bezug auf die konkreten Folgen für Familienunternehmen analysiert. In der Analyse „Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht - Anwendung für Familienunternehmen nach dem Ländererlass“ werden die wesentlichen praktischen Auswirkungen untersucht.

Darüber hinaus hat die Stiftung Familienunternehmen in dem ausführlichen Kompendium „Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – Was ändert sich für Familienunternehmen?“ die erfolgten Änderungen im Vergleich zum bisherigen Recht dargestellt. Mit zahlreichen Belastungsbeispielen werden die Wirkungen des neuen Rechts aus der Sicht der Familienunternehmen praxisnah illustriert.

 

Berechnungsbeispiel für große Familienunternehmen

Einer Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zufolge sind rund 10.000 Familienunternehmen von einer Bedürfnisprüfung im Rahmen des neuen Erbschaftsteuerrechts betroffen. Rund jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland ist in einem dieser Unternehmen angestellt. Zudem erwirtschaftet dieser relativ kleine Kreis von Unternehmen der Schätzung zufolge jeden vierten Euro in der deutschen Wirtschaft.

Die Stiftung Familienunternehmen hat vor diesem Hintergrund die Belastungen errechnet, die sich für ein größeres Familienunternehmen mit einem Wert von 100 Millionen Euro durch das neue Erbschaftsteuergesetz ergeben. Danach ist in verschiedenen Konstellationen mit einer Vervielfachung der Belastung durch die Erbschaftsteuer zu rechnen.

Unternehmenswert 100.000.000 Euro
 
Erbschaftsteuerzahlung (ohne Verschonung)
  Steuerschuld Steuerschuld Steuerschuld
Erbschaftsteuersatz 30 Prozent nach neuem Recht
ohne Vorwegabschlag
nach neuem Recht
mit Vorwegabschlag
nach bisherigem Recht
Gesamte Steuerschuld ohne weiteren Antrag auf Verschonungsabschlag oder Verschonungsbedarfsprüfung 30.000.000 Euro 24.434.576 Euro 30.000.000 Euro
 
Antrag auf Verschonungsabschlag (Regel- oder Optionsverschonung) oder Verschonungsbedarfsprüfung
 
Alternative A: Antrag auf Verschonungsabschlag (sogenanntes Abschmelzmodell)
  a. Regelverschonung (85 % Abschlag)
  nach neuem Recht
ohne Vorwegabschlag
nach neuem Recht
mit Vorwegabschlag
nach bisherigem Recht
Gesamte Erbschaftsteuerzahlung auf Betriebsvermögen 30.000.000 Euro 19.759.619 Euro 5.137.500 Euro
       
  b. Optionsverschonung (100 % Abschlag)
  nach neuem Recht
ohne Vorwegabschlag
nach neuem Recht
mit Vorwegabschlag
nach bisherigem Recht
Gesamte Erbschaftsteuerzahlung auf Betriebsvermögen 30.000.000 Euro 16.420.365 Euro 5.137.500 Euro
 
Alternative B: Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung
  ohne Vorwegabschlag mit Vorwegabschlag Vgl. zum bisherigen Recht
 
Fall 1 Fall 2
Fall 1 Fall 2
 
Vorhandenes Privatvermögen
20.000.000 Euro 50.000.000 Euro
20.000.000 Euro 50.000.000 Euro
 
Gesamte Erbschaftsteuerzahlung auf Betriebsvermögen
15.794.343 Euro 30.000.000 Euro
15.794.343 Euro 24.434.576 Euro
5.137.500 Euro

 

Ein wesentlicher Grund für die erhöhte Belastung ist, dass nur noch zehn Prozent des Verwaltungsvermögens von der Steuer verschont bleiben. Vorher waren es noch bis zu 50 Prozent. Zum Verwaltungsvermögen zählen beispielsweise Bankguthaben sowie Forderungen oder Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von weniger als 25 Prozent.

Ein Glossar erklärt die vom Gesetzestext verwendeten Begriffe.

 

Erbschaftsteuer im internationalen Vergleich

Im internationalen Vergleich sind die deutschen Familienunternehmen gegenüber ausländischen Familienunternehmen im Nachteil. Dieser Nachteil hat sich durch die Reform des Erbschaftsteuerrechts im Jahr 2016 verschärft, wie eine Simulationsrechnung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt.

Im internationalen Vergleich von 18 OECD-Staaten ist Deutschland als Folge dieser Reform auf den letzten beziehungsweise vorletzten Platz zurückgefallen – je nach Berechnung mit oder ohne Vorwegabschlag.

Effektive Erbschaftsteuerbelastung in Mio. € für Familienunternehmen im internationalen Vergleich

Die Beispielberechnung hat auch gezeigt, dass bereits vor der Steuerreform eine vergleichsweise hohe Belastung auf den deutschen Familienunternehmen lag (Rang 15).

Die im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erstellte Berechnung hat die Belastungen anhand eines Modellunternehmens mit 210 Millionen Euro Jahresumsatz quantifiziert. Diese Größe entspricht einem typischen, global agierenden Familienunternehmen in Europa.

Eine Umfrage, die das ifo Institut 2014 im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen durchführte, belegt die negativen Effekte der Erbschaftsteuer auf Familienunternehmen. 43 Prozent der befragten Familienunternehmen gaben an, dass sie ohne Verschonungsregelung beim Generationenübergang das Unternehmen oder Teile davon hätten verkaufen müssen. 66 Prozent schätzten, dass sie ohne Verschonung im Erbfall ihre Investitionen senken müssten und 52 Prozent gingen davon aus, dass sie in dem Fall Arbeitsplätze abbauen müssten. Insgesamt hatten sich 1.729 Unternehmen 2014 an der Umfrage im Rahmen des ifo-Geschäftsklimaindex beteiligt.

Folgenabschätzung der Erbschaftsteuer