Wenn von „der Wirtschaft“ die Rede ist, dann müssen damit immer auch die Familienunternehmen gemeint sein. Denn was viele nicht wissen: Zu diesem Unternehmenstyp zählen 90 Prozent der Firmen in Deutschland. Unter den Familienunternehmen weisen mehr als 200 einen Umsatz von einer Milliarde Euro oder mehr auf. Diese Mischung aus kleinen und großen, regional verwurzelten und international aufgestellten Familienunternehmen unterscheidet die hiesige Wirtschaftsstruktur von der anderer Länder. Diese Vielfalt der Familienunternehmer-Landschaft ist ein Grund für die Stärke der deutschen Wirtschaft.
In der Forstwirtschaft etwa gilt das Prinzip der Nachhaltigkeit schon seit Jahrhunderten: Nur wer das Gleichgewicht von Einschlag und Aufforstung wahrt, garantiert einen langfristig gesunden und ertragreichen Wald für die nachfolgenden Generationen. Familienunternehmer haben dieses Prinzip verinnerlicht, weil sie ihr Erbe geordnet und gut aufgestellt an Kinder und Enkel weitergeben wollen. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften im Streubesitz investieren Familienunternehmer ihr eigenes Geld. Deswegen spielen die langfristigen Wirkungen ihres Handelns für sie eine große Rolle. Das ist auch der Grund, warum familienkontrollierte Unternehmen nachweislich Krisen besser standhalten.
Ein konkretes Indiz für die langfristige Robustheit ist die gute Kapitaldecke. Familienunternehmen weisen vor allem dank einer gemäßigten Ausschüttungspolitik eine hohe, tendenziell steigende Eigenkapitalquote auf. So verfügen die 500 umsatzstärksten Unternehmen dieses Typs über ein Eigenkapital in Höhe von 42 Prozent. Damit übertreffen sie die restlichen Unternehmen um etwa 10 Prozentpunkte, die auf lediglich 32 Prozent kommen.
Familienunternehmen sind ein wichtiger Faktor gerade für ländliche Regionen. Dort mangelt es oft an Arbeits- und Ausbildungsplätzen, da große Konzerne eher in Ballungszentren Jobs schaffen. Traditionelle Familienunternehmen bleiben ihrem Standort jedoch auch dann noch treu, wenn sie längst zum Global Player geworden sind. Zu ihnen zählen beispielsweise der Schraubenhersteller Würth, mit Stammsitz in Künzelsau östlich von Heilbronn oder das Biotechnologieunternehmen KWS Saat aus dem niedersächsischen Einbeck. Große Familienunternehmen sind nicht nur in Baden-Württemberg und Bayern konzentriert, sondern auch in Nordrhein-Westfalen.
Einschätzung von Familienunternehmen im Vergleich zu großen Publikumsgesellschaften der Teilnehmer an den Karrieretagen Familienunternehmen 2018
In den Jahren 2010 bis 2018 zahlten Familienunternehmen etwa 67 Milliarden Euro pro Jahr an Unternehmenssteuern in Deutschland. Das sind in etwa 48 Prozent des Gesamtaufkommens an Unternehmenssteuern. Auf die 500 größten Familienunternehmen entfielen davon rund 12 Milliarden Euro, also ein knappes Fünftel.
Große Familienunternehmen zahlen in Deutschland deutlich mehr Steuern als börsennotierte Konzerne im Streubesitz. Die durchschnittliche Steuerbelastung der 500 größten deutschen Familienunternehmen liegt schon auf Unternehmensebene bei etwa 28 Prozent. Unter Berücksichtigung der Steuern auf Gesellschafterebene (Einkommensteuer der Gesellschafter von Personengesellschaften bzw. Abgeltungsteuer auf Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften) errechnet sich eine durchschnittliche Belastung von fast 38 Prozent. Erträge der Dax-Konzerne, die keine Familienunternehmen sind, sind unter Berücksichtigung der Besteuerung der Gesellschafter dagegen nur mit gut 26 Prozent belastet.
Im Familienunternehmen ist Verantwortung greifbar und hat einen Namen: Risiko, Haftung und Kontrolle liegen in der Hand des Eigners. Damit gelingt den Unternehmern genau das, was andere Bereiche der Wirtschaft bereits verspielt haben: Vertrauen zu schaffen. Laut einer von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegebenen Forsa-Befragung vertrauen 88 Prozent der Deutschen den Familienunternehmen. Dies ist ein viel höherer Wert als bei der eigenen Regierung (30 Prozent) oder bei in Streubesitz befindlichen internationalen Konzernen (15 Prozent).
In der Forschung gibt es bereits erste Hinweise darauf, dass die Familienunternehmen auch über sich hinaus das soziale Gefüge beeinflussen. So findet sich gerade dort ein hoher Anteil an Familienunternehmen in der lokalen Wirtschaft, wo die soziale Struktur der Gesellschaft besonders gut funktioniert und von gegenseitigem Vertrauen der Menschen geprägt ist.
Ein gängiger Indikator für hohes Sozialkapital ist die Frage nach dem Vertrauen in die Mitmenschen. Sich sicher und wohl zu fühlen stellt einen eigenen Wert dar, der Arbeitskräfte produktiver macht. Dazu trägt auch der Arbeitgeber seinen Teil bei. In Regionen mit vielen Familienunternehmen wird die Frage nach Vertrauen häufiger positiv beantwortet als anderswo. Auch Angaben zur Zahl von Freunden oder dem Engagement in bürgerschaftlichen Vereinigungen fielen höher aus. Die Forschung steht auf diesem Feld aber noch am Anfang.
Familienunternehmer fühlen sich ihren Standorten persönlich eng verbunden und übernehmen auf vielfältige Art gesellschaftliche Verantwortung. Daher unterstützen sie die Gemeinschaft mit sozialen und kulturellen Projekten, die über Stiftungen und Spenden finanziert werden. Über 50 Prozent des Vermögens in gemeinnützigen Stiftungen stammt laut Bundesverband Deutscher Stiftungen aus unternehmerischer Tätigkeit. Weitere 28 Prozent kommen aus Erbschaften und Schenkungen, von denen wiederum ein guter Teil gleichfalls auf unternehmerischer Tätigkeit basiert.
Familienunternehmen halten auch in der Corona-Krise an ihrem gesellschaftlichen Engagement fest oder bauen es sogar aus. In einer Befragung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen gaben 72,4 Prozent der Unternehmen an, den Umfang ihres gesellschaftlichen Engagements auch im laufenden Jahr beibehalten zu wollen. 17,1 Prozent planen sogar eine Aufstockung der Mittel. Einschränkungen plant mit 10,5 Prozent der geringste Teil. Ähnlich äußern sich auch die von Unternehmen getragenen Stiftungen.